wimpel4.gif (1903 Byte) Segelverein Mainflower e.V.
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Last Update:
20.04.99

 

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Erste Segelerfahrungen einer Landratte:

Wasser hatte auf mich schon immer eine faszinierende Wirkung. Schon als ich noch ein Windelpupser war, konnte mich nichts und niemand aufhalten. Wenn Wasser in der Nähe war, wollte ich rein.

Das ist aber eigentlich so ein Problem beim Segeln. Hier ist (meist) das Ziel, eben nicht ins Wasser zu fallen, sondern sich je nach Gusto mal schneller, mal langsamer über das Wasser zu bewegen. Ich beschloß also, das Wasser, das ich so sehr liebte, zu hassen, zumindest wenn ein Segelboot in der Nähe ist.

So weit, so gut. Wir, eine Gruppe von etwa 12 Jugendlichen und Begleitpersonen, wollten also auf der Holländischen Seenplatte Wandersegeln auf Valken, eine Quasijolle mit festem Kiel und sehr stabil gebaut, machen. Wir kamen auch am späten Nachmittag an und ich sah zum ersten Mal, was in der kommenden Woche meine "Heimat" sein sollte. Eigentlich ein komisches Gefühl, so ganz ohne Dach über dem Kopf. Aber die Sonne schien ja. Es wurde Abend, der Magen knurrte. Die Gasflasche wurde aufgebaut, wir verstauten das Gepäck auf unserem "Panzer", der Hunger wurde größer, das Nudelwasser allerdings nicht heiß, es wurde dunkel, das Nudelwasser langsam lauwarm...

Irgendwann hatten wir dann gegessen. Ich ging auf unseren Valken und schlief nebeneinander mit einem bis dahin Unbekannten, getrennt durch unbekanntes Seilgestrüpp. Nicht, daß ich nicht theoretisch vorbereitet worden wäre. Aber was hängt denn so blöd unter dem Mast oder heißt das Ding doch Baum?? Ne, ich hatte eben was von Gaffel gehört. Komisch. Ich fand also keine Lösung auf meine Frage. Und so beschloß ich, mich erstmal auf die Seite zu legen. Leise natürlich, damit keiner gestört wird. Eine so lange Nacht hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Ich hatte keine Angst, war auch nicht nervös. Es war auch dunkel. Aber daß sich mein Bett bewegt und es so komisch irgendwo plätschert, war ich nicht gewohnt. Um sechs Uhr wurde es langsam hell und ich beschloß, duschen zu gehen. In der Wildnis ist halt alles etwas anders. Man darf nicht planen, wann gehe ich das nächste Mal duschen. Man muß sich sagen: Heute gibt es eine Dusche, das heißt, ich sollte sie auch benutzen. Außerdem meinte irgendjemand, hier wäre die Dusche kostenlos und sonst müßte man dafür bezahlen.

Ich also, ganz leise tapp tapp tapp Richtung Dusche. Habe mich ausgezogen und das Wasser angemacht. Stellte mich auch drunter und sprang wieder raus. Das Wasser war eiskalt!! Was tun, ach, das wird bestimmt noch wärmer. Erstmal einseifen. Das Wasser wurde, obwohl ich wirklich längere Zeit wartete, nicht wärmer!!! Aber was hilfts, die Seife muß ab!

Ich torkelte also völlig unterkühlt zum Boot, wo ich meinen Mitsegler traf, der ebenfalls wach war. Wir stellten beide fest, daß wir beide die ganze Nacht nicht geschlafen hatten, ohne zu merken, daß der andere auch wach war.

Nach einem "kurzen" Frühstück gegen acht ging es endlich um elf auf "See". Wir zogen die Segel hoch und segelten wirklich!!! Beeindruckend, keiner macht was und das Ding bewegt sich. Hä, Fallen durchholen??? Ich habe doch gar keine Fallen aufgestellt und woher durchholen. Hier gibt es weder noch ein Zimmer, noch Mäuse. Aber muß dieses dumme Boot denn unbedingt schief liegen. Wegen meinem selbst aufgezwungen Haß das Wasser betreffend, fand ich die ganze Angelegenheit nicht witzig. Ich hatte das Gefühl, daß es nur noch eine Frage der Zeit wäre, bis wir im Bach lägen. Und das Rote Kreuz habe ich hier noch nicht gesehen. Sollte ich mir vielleicht doch die Schwimmweste anziehen??? Ne, wieso eigentlich?! Schwimmen kann ich ja. Kann man den Wind nicht ausschalten? Wieso kommt das Ufer näher??? HHHHIIIILLLLFFFEEEEEEEE!!!!!!!!!!!!

"Wir machen jetzt ne Wende" Wende wer, Wende wo, Wende was????? Mist. Ah, durch den Wind gehen. Wieso kommen die Segel über, ach klar. Okay, verstanden, machen wir mal. IIIHHH, das Boot liegt ja noch schiefer. Jetzt gerade. Andere Seite. Ich rutsche, wo gibt es hahahahahhahhhaaaalt???? Uff, gerettet. Das mache ich nie mehr mit, so ein Manöver. Wende, schon wieder ???!!! Ich sehe nicht ein, daß ich mich hier abrackern soll. Unser Ziel liegt da! Und ich habe keine Lust, länger als irgendwie nötig auf mein Mittagessen zu warten, nur um hier irgendwelche komischen Zickzackkurse zu fahren! Hääh, man kann nicht gegen den Wind fahren??? Mit dem Auto geht das auch, basta!

 

Ja so war das! Es folgte irgendwann die erste gewollte Halse (ungewollte gab es erst zwei Tage später, "als wir schon segeln konnten")und ein wunderschönes Anlegemanöver. Endlich wieder festes Land oder besser festen Steg unter den Füßen. Wie lange sind wir jetzt eigentlich gesegelt. Ich bin mindestens um Jahre gealtert, wenn nicht noch mehr. Was, nur vier Stunden???!!?! Ich glaube, ich verlasse den Steg ganz schnell, der schwankt ja. Ich habe nun wirklich keine Lust, nachdem ich nicht aus dem Boot gefallen bin, mit dem Steg abzusaufen! Wo ist Land? Schnell hin. Ist im Moment ein Erdbeben?? Das Land schwankt ja auch. Ach so, klar, das Gleichgewichtsorgan muß sich erst umstellen. Wußte ich ja! Blöder Kerl, so belehrend muß man nicht sein! Jetzt aber endlich den Grill anwerfen! Wieso brauchen wir Feuerholz? Welcher Arsch hat die Holzkohle vergessen?? Viel wichtiger in der jetzigen Situation: Wo ist der nächste Baum????? Da hinten, etwa einen Kilometer entfernt, sieht etwas nach Gestrüpp aus. Wer läuft freiwillig??? Wie Kuhherde, wo Kuhherde?? Ne, ich gehe natürlich nicht durch die Kuhherde, um Feuerholz zu holen. Wer weiß, was mir diese Biester antun???

Ah, da kommen sie ja zurück mit dem Feuerholz. Wie lange waren die eigentlich weg? Ich muß eingeschlafen sein! Was, eine Stunde??!!? Ich bin am Verhungern und Ihr laßt Euch so lange ZTit? Ich glaub, das hackt!

 

Zwei Stunden später sah die Welt dann ganz anders aus: Alle waren gesättigt, wir lachten, freuten uns über das schöne Wetter und waren beglückt über die Sterne, die am Firmament nur für uns leuchteten. Und dann: ab in die Falle, es war ein laaaanger Tag.

 

Nach diesen Erfahrungen fragt sich natürlich der geneigte Leser, der es bis hierher geschafft hat: Warum segelt der Kerl noch oder hat er es sinnvoller Weise aufgegeben? So eine Landratte ist mir noch nie untergekommen.

Vorweg: Ich habe es nicht aufgegeben!

Ich weiß nicht wie, aber ich weiß wann, ich zum begeisterten Segler geworden bin. Auf diesem obenbeschriebenen Törn sind wir einmal nachts gesegelt. Wir waren mutterseelenallein auf dem Wasser und es war einfach nur ruhig. Wir haben die Sterne gesehen und als einziges das Plätschern des Wassers gehört. Mich ergriff ein tiefer, innerer Frieden, den ich obwohl meiner jungen Jahre eigentlich schon lange gesucht habe.

Es ist immer schwer, solche Momente wahrzunehmen und noch schwerer diese Momente zu genießen. Aber welcher Segler liebt es nicht, in den Sonnenuntergang oder -aufgang hineinzusegeln??? Wer ist nicht ob dieses Anblickes überwältigt und immer wieder fasziniert?? Ein weiterer Aspekt ist mit Sicherheit, daß man beim Segeln mit dem äußeren Umständen fertig werden muß. Äußere Umstände können bekannterweise natürlich Wind und Wellen oder Legerwall und natürlich auch auf See Süßwassertank leer, alle Getränke ausgetrunken, Essen aufgegessen sein. Aber was bringt es, sich in dieser Situation zu beklagen? Nichts. Im Gegenteil. Man muß also immer mit einer gegebenen oder spontan entstandenen Situation klarkommen. Schafft man es, überkommt einen ein Glücksgefühl. Schafft man es nicht, kann es im Extremfall tödlich sein, was natürlich nicht heißt, daß man auf einem Segeltörn immer und ständig sein Leben riskiert. Es sein denn, man fährt mit solchen Leuten wie Frank K., nennen wir ihn Kirsche, der zwar alle Scheine hat, aber trotzdem noch mit einem 4 PS - Motor und ausgebaumter Genua 2 gegen Windstärke 5 anfahren will und sich wundert, daß es nicht geht!!!

 

So, nun habe ich Euch genug gelangweilt. Wenn es Euch allerdings Spaß gemacht hat, sowas zu lesen, schreibt doch auch mal Eure Erlebnisse auf und schickt sie uns zu. Wir können sie gerne im Internet veröffentlichen oder im stillen Kämmerlein uns damit identifizieren.

Auch für Anregungen und Kritik für unsere Seite und natürlich auch diesen Text sind wir selbstverständlich dankbar.

 

Mast und Schotbruch (und grüßt Neptun und Rasmuss von mir)

Sebastian Ochs

(Codename: Verklicker)

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Wer weitere Informationen über unseren Verein wünscht, sich für eine Fahrt anmelden oder Mitglied werden möchte, kann uns gerne mailen, anrufen, faxen oder schreiben.
Stand: 20. April 1999